31.05.2021. Der junge Tomura hört die Töne eines Klaviers, als in der Turnhalle seiner Schule ein Klavierstimmer den Flügel für ein Konzert vorbereitet. Und da ist es um ihn geschehen, er versteht es selber nicht.
"In diesem Moment [...] ertönte hinter mir der Flügel. Ich blieb stehen und lauschte dem sanften und rhythmischen Klang. Eine tiefe Wehmut erfasste mich, als ich die Töne vernahm, die mir konkret wie greifbare Formen erschienen. Ich empfand sie als ungemein wohltuend, ohne ihr eigentliches Wesen erfassen zu können." Der Klavierstimmer prüft den Klang einzelner Töne, tut seine Arbeit, schlägt eine einzelne Taste an. "In dem Moment rieche ich den Wald. Die Schwelle des Waldes, bei Einbruch der Nacht." Kurze Zeit später weiß Tomura, was er werden will: Klavierstimmer. Und das wird er dann auch.
Der Roman der Japanerin Natsu Miyashati beschreibt mit der Entwicklung Tomuras und den Figuren, denen er begegnet, das Handwerk des Klavierstimmers, das sich als weit mehr als ein Handwerk entpuppt: Es ist eine Kunst, es ist die Leidenschaft, den perfekten Klang für ein Klavier und seinen Pianisten zu finden. Und es ist die Suche nach dem Wesen des Klangs.
Natsu Miyashati ist eine wunderbar tiefgründige Geschichte gelungen, zart, präzise und klar erzählt, schnörkellos, unaufgeregt - und durch und durch poetisch. Ein ganz besonderer Roman!
Natsu Miyashati: Der Klang der Wälder. Aus dem Japanischen von Sabine Mangold. Insel Verlag
2021.